15. Der Verein als Dienstgeber oder Auftraggeber
Ein Verein kann unter anderem
Dienstnehmer_innen mit einem Arbeitsvertrag anstellen;
freie Dienstnehmer_innen mit einem freien Dienstvertrag beschäftigen;
Auftragnehmer_innen mit einem Werkvertrag mit der Herstellung von Werken beauftragen;
Praktikant_innen beschäftigen.
Für die Beschäftigung von Mitgliedern des Leitungsorgans oder überhaupt alle Mitglieder des Vereins können in den Statuten besondere Regelungen getroffen werden (z. B. eine Koppelung der Beschäftigung an Funktion oder Mitgliedschaft, eine automatische Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei Beendigung der Funktionsausübung oder Mitgliedschaft, Erfordernis der Zustimmung der Mitgliederversammlung für die Beschäftigung von Mitgliedern des Leitungsorgans oder mit Werkvertrag vereinbarte Insichgeschäfte o. Ä.).
Zunächst ist zu prüfen, welches Dienst-, Vertrags- oder andere Verhältnis vorliegt.
15.1 Echte Dienstnehmer_innen
Ein echtes Dienstverhältnis liegt vor, wenn ein_e Dienstnehmer_in in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird. Das ist gegeben, wenn folgende Merkmale überwiegen:
Weisungsrecht des_der Arbeitgeber/s_in;
vorgegebene Arbeitszeiten;
zugewiesener Arbeitsort;
persönliche Arbeitspflicht;
Arbeit mit Arbeitsmitteln, die die_der Arbeitgeber_in zur Verfügung stellt;
Eingliederung der_des Arbeitnehmer/s_in in die Organisation des Betriebes.
Der Verein ist steuer- und abgabenrechtlich verpflichtet zur:
Meldung und Beitragszahlung an Sozialversicherung (bis zur sozialversicherungsrechtlichen Geringfügigkeitsgrenze nur Unfallversicherung):
Abfuhr der Lohnsteuer;
Abfuhr der Kommunalsteuer und weiterer Lohnnebenkosten.
Es ist weiters darauf achtzugeben, ob ein Kollektivvertrag zur Anwendung kommt – das ist vor allem dann der Fall, wenn durch die Vereinstätigkeit eine Mitgliedschaft bei der Wirtschaftskammer notwendig ist.
15.2 Freie Dienstnehmer_innen
In einem freien Dienstvertrag wird eine Dienstverpflichtung gegen Entgelt mit geringer oder keiner persönlichen Abhängigkeit geregelt.
Merkmale eines freien Dienstvertrages sind:
kein Weisungsrecht des_der Dienstgeber/s_in;
Möglichkeit der Vereinbarung der Vertretung durch eine andere Person;
keine Eingliederung in die Organisation des Betriebs;
eigene Arbeitsmittel;
keine Bindung an Arbeitszeit und Arbeitsort.
Der Verein ist steuer- und abgabenrechtlich verpflichtet zur
Meldung und Beitragszahlung an Sozialversicherung (bis zur Geringfügigkeitsgrenze nur Unfallversicherung);
Abfuhr der Kommunalsteuer und weiterer Lohnnebenkosten;
Meldung von Bezügen von Vortragenden, Lehrenden und Unterrichteten, wenn diese mehr als 450 Euro für eine einzelne Leistung oder mehr als 900 Euro für mehrere Leistungen im Kalenderjahr ausmachen.
Die_Der freie Dienstnehmer_in ist steuer- und abgabenrechtlich verpflichtet zur
Veranlagung und Abfuhr der Einkommensteuer.
15.3 Auftragnehmer_innen mit Werkvertrag
In einem Werkvertrag wird die Herstellung eines konkreten Werks oder die Erbringung einer konkreten Dienstleistung – in der Regel bis zu einem bestimmten Zeitpunkt – gegen Entgelt vereinbart.
Merkmale eines Werkvertrages:
auf Erfolg ausgerichtet (Erfolgsgarantie);
keine persönliche Arbeitspflicht (Vertretungsmöglichkeit);
die_der Auftragsnehmer_in verwendet eigene Arbeitsmittel;
keine Bindung an Arbeitszeit und Arbeitsort;
die_der Auftragsnehmer_in ist nicht in die Organisation der_des Auftraggeber/s_in eingegliedert;
keine persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit.
Der Verein ist steuer- und abgabenrechtlich verpflichtet zur
Meldung von Bezügen von Vortragenden, Lehrenden und Unterrichteten, wenn diese mehr als 450 Euro für eine einzelne Leistung oder mehr als 900 Euro für mehrere Leistungen im Kalenderjahr ausmachen.
Die_Der werkvertragliche Auftragnehmer_in ist steuer- und abgabenrechtlich verpflichtet zur
Veranlagung und Abfuhr der Einkommensteuer ab bestimmten Einkommensgrenzen;
Meldung und Beitragszahlung an Sozialversicherung ab bestimmten Einkommensgrenzen.
15.4 Beschäftigung von Praktikant_innen
Dabei wird zwischen (Ferial-)Arbeitnehmer_innen und Volontär_innen unterschieden:
Praktikant_innen als (Ferial-)Arbeitnehmer_innen
Praktikant_innen, für die fixe Arbeitszeiten vereinbart werden und für die die Ausbildung nicht im Vordergrund steht, sind als echte Dienstnehmer_innen einzustufen. Für diese sind alle arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften anzuwenden.
Volontär_innen
Volontär_innen sind Personen, die zum Zweck einer (ergänzenden) Ausbildung kurzfristig in einem Unternehmen beschäftigt werden. Die Ausbildung muss auf jeden Fall im Vordergrund stehen, Arbeitsleistungen sind nur ausnahmsweise zulässig, soweit sie mit der Ausbildung zusammenhängen. Volontär_innen sind nicht Arbeitnehmer_innen. Es gelten keinerlei arbeitsrechtliche Bestimmungen. Als Anerkennung kann die Zahlung eines geringen Taschengeldes vereinbart werden.
15.5 Aufwandsentschädigungen
Ein gemeinnütziger Verein kann an Funktionär_innen, Mitglieder und sonstige Personen für Tätigkeiten Aufwandsentschädigungen zahlen, wenn nicht ein echtes Dienstverhältnis vorliegt.
Dies kann gegeben sein
bei gewählten Vereinsfunktionär_innen (z. B. bei Mitgliedern des Leitungsorgans und bei Rechnungsprüfer_innen):
wenn keine Leistungsverpflichtung besteht und
keine Vereinbarung über fixe Arbeitszeiten getroffen wurde;
bei anderen Mitgliedern des Vereins und bei sonstigen Personen:
wenn das Entgelt gering ist (nach allgemeiner Verkehrsauffassung, auf jeden Fall muss es unterhalb der sozialversicherungsrechtlichen Geringfügigkeitsgrenze liegen);
wenn die Tätigkeit für die Verfolgung des Vereinszwecks selbst und nicht das Einkommen im Vordergrund steht;
wenn keine Leistungsverpflichtung besteht und
keine Vereinbarung über fixe Arbeitszeiten getroffen wurde.
Aufwandsentschädigungen unterliegen der Einkommensteuer.
Bei der Veranlagung der Einkommensteuer können Betriebsausgaben und Werbungskosten abgezogen werden. Entweder
75 Euro Pauschale Betriebsausgabe bzw. Werbungskosten im Monat ohne belegmäßigem Nachweis
oder
tatsächliche Betriebsausgaben und Werbungskosten mit belegmäßigem Nachweis.
Die Differenz von Aufwandsentschädigung und Betriebskosten bzw. Werbungskosten ist in der Einkommensteuererklärung einzutragen …
von Funktionär_innen unter „Einkünfte aus selbstständiger Arbeit“.
Bei Überschreiten der relevanten Versicherungsgrenze besteht Sozialversicherungspflicht bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft als „Neue_r Selbstständige_r“.
von anderen Mitgliedern des Vereins und von für den Verein tätigen sonstigen Personen unter „sonstige Einkünfte“.
Derartige „sonstige Einkünfte“ sind nicht sozialversicherungspflichtig.
Achtung! Das gilt nur, wenn es sich um eine Aufwandsentschädigung handelt, wie sie oben definiert ist, und nicht um einen Arbeits-, freien Dienst- oder Werkvertrag. Bei Überschreitung der oben angeführten Grenze ist dies besonders zu prüfen!
15.6 Reisekostenersatz
Gemeinnützige Vereine können an Funktionär_innen, an gegen geringes Entgelt tätige Mitglieder, an andere Personen und auch an Dienstnehmer_innen und werkvertragliche Auftragsnehmer_innen steuerfrei Reisekosten (Fahrtkosten, Verpflegungs- und Unterhaltskosten) zahlen, wenn diese für Tätigkeiten für den Verein anfallen. Diese Reisekostenersätze gelten für die Empfänger_innen nicht als Einnahmen. Es müssen aber zumindest beim Verein als Nachweis Aufzeichnungen über die Einsatztage geführt werden.
Steuerfreie Reisekostenersätze bei Tätigkeiten, für die eine Fortbewegung (ohne Mindestdauer oder Mindestentfernung) erforderlich ist:
‒ für Verpflegungskosten
‒‒ bei Tätigkeiten bis zu 4 Stunden: 13,20 Euro
‒‒ bei Tätigkeiten über 4 Stunden: 26,40 Euro
‒ für Fahrtkosten: Kosten der öffentlichen Verkehrsmittel
‒ plus Reisekostenausgleich:
‒‒ bei Tätigkeiten bis zu 4 Stunden 1,50 Euro
‒‒ bei Tätigkeiten über 4 Stunden 3,00 Euro
Sofern die Reisekostenersätze die oben angeführten Grenzen nicht überschreiten, liegen keine Einkünfte vor! Werden höhere Kosten ersetzt, gelten diese bei den Empfänger_innen als Einnahme. Die betreffenden Personen können aber die Ausgaben (als Betriebsausgabe bzw. Werbungskosten) abziehen. Werden allerdings Beträge als Reisekosten ersetzt, darf durch den Abzug von Ausgaben kein Verlust entstehen!
15.7 Beschäftigung von Personen mit Wohnsitz außerhalb Österreichs, Abzugsteuer
Personen, die ihren Wohnsitz außerhalb Österreichs haben und sich nicht länger als sechs Monate pro Jahr in Österreich aufhalten, unterliegen der „beschränkten Steuerpflicht“, brauchen in den meisten Fällen in Österreich keine Einkommensteuer zahlen (sondern in ihrem Wohnsitzstaat).
Wird die Tätigkeit allerdings in Österreich ausgeübt bzw. verwertet, unterliegen in Österreich der Einkommensteuer unter anderem die Tätigkeiten von
Architekt_innen,
Artist_innen,
Künstler_innen,
Mitwirkenden an Unterhaltungsdarbietungen,
Schriftsteller_innen,
Sportler_innen,
Vortragenden.
Diese ist als „Abzugsteuer“ vom Verein als Auftraggeber einzubehalten und abzuführen, der den Lohn, das Gehalt oder Honorar auszahlt.
Es gibt zwei Möglichkeiten, die Abzugsteuer zu berechnen:
a) Bruttobesteuerung: Kostenersätze (Reisekostenersatz, Hotelkostenersatz …) gelten als Sachbezug als Teil des Honorars und werden mit versteuert. Die Abzugsteuer beträgt pauschal 20 % der Bruttoeinnahmen und Kostenersätze (Rz 784 VereinsR).
b) Nettobesteuerung: Es werden keine Kostenersätze, sondern nur das reine Honorar besteuert. Betriebskosten und Werbungskosten können berücksichtigt werden (siehe auch EStR 8006a-g). Die_der Gehalts- oder Honorarempfänger_in muss diese Kosten vor Berechnung der Abzugsteuer dem Verein schriftlich bekannt geben. Die Abzugsteuer beträgt bei natürlichen Personen 35 % der Nettoeinnahmen, bei juristischen Personen 25 % (784a VereinsR).
Ausnahmen von der Abzugsteuer:
Aus Vereinfachungsgründen ist bei Veranstaltungen in Österreich kein Steuerabzug erforderlich:
bei nicht in Österreich ansässigen Künstler_innen, Sportler_innen, Vortragenden u. Ä.,
wenn das Honorar maximal 1.000 Euro beträgt (exklusive Kostenersätzen wie Reisekosten oder Hotelkosten),
und die_der Empfänger_in schriftlich erklärt, dass ihre_seine Einkünfte in Österreich 2.000 Euro im Jahr nicht übersteigen.
Der Verein muss die Abzugsteuer nicht einbehalten, wenn auf Grund eines mit rund 90 Staaten bestehenden Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) das Besteuerungsrecht nicht Österreich, sondern dem Wohnsitzstaat zugewiesen wird (bei künstlerischen Tätigkeiten eher die Ausnahme). In diesem Fall ist den Bestimmungen der DBA-Entlastungsverordnung zu folgen.
Diese DBA bestimmen in den meisten Fällen, dass
das Besteuerungsrecht für Künstler_innen beim Tätigkeitsstaat liegt, also bei Tätigkeiten in Österreich in Österreich. In diesem Fall muss die Abzugsteuer vom Verein einbehalten und an das Finanzamt abgeführt werden;
das Besteuerungsrecht für Vortragende beim Wohnsitzstaat liegt.
Wurde die Abzugsteuer zu Unrecht einbehalten, können die Einkünfteempfänger_innen eine Erstattung nach § 240 BAO beim Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart beantragen oder eine Einkommensteuerveranlagung in Österreich durchführen.
Wurde die Abzugsteuer zu Recht einbehalten, können Personen mit Wohnsitz in einem Staat, mit dem Österreich ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat, in ihrem Wohnsitzstaat beantragen, dass – je nach Bestimmung – das bereits in Österreich besteuerte Einkommen bei der Berechnung der Einkommensteuer in ihren Wohnsitzstaat nicht mitgerechnet wird oder die in Österreich gezahlte Steuer auf die in ihrem Wohnsitzstaat zu zahlende Steuer angerechnet wird. Wurde die Bruttobesteuerung vorgenommen, kann auch auf Antrag beim Finanzamt die Nettobesteuerung vorgenommen werden und die entsprechenden Betriebsausgaben vorgelegt werden.