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Kultur? Zwei Jahre Rot-Grün
Kulturarbeiter_innen ziehen Bilanz


Die IG Kultur Wien ist mit dem Diskussionsformat „Kultur?“ ins Jahr 2013 gestartet.
Zwei Jahre nach Antritt der rot-grünen Stadtregierung wurde so, pünktlich zur Halbzeit, Raum geschaffen, um zu diskutieren und resümieren was sich in der Kulturpolitik bislang getan hat.
Auf dem Podium saßen Kulturarbeiter_innen und Medienschaffende, die ihre Erfahrungen mit der aktuellen Kulturpolitik einbrachten. Moderiert wurde die Veranstaltung von Elke Rauth, von dérive, der Zeitschrift für Stadtforschung.


Deutlich wurde in der Diskussion, dass die Wiener Kulturpolitik nicht isoliert betrachtet werden kann, sondern eng mit gesamtgesellschaftlichen
Entwicklungen verknüpft ist. Eine steigende Durchökonomisierung auch der Kulturpolitik und die Instrumentalisierung von Kultur als Standortfaktor, machen es selbstorganisierten, nicht-kommerziellen Basisprojekten immer schwerer. So werden große, prestigeträchtige Projekte gefördert, für unabhängige und kleinere Projekte fehlt jedoch die Unterstützung. Mit den nötigen Finanzen fehlt auch der (Möglichkeits-) Raum, um diese Initiativen umsetzen zu können, obwohl sie für den sozialen Zusammenhalt in der Stadt eine wichtige Arbeit leisten. „Dies verweist auf die Frage: Wem gehört die Stadt? Für wen soll sie da sein?“, so Claudia Totschnig.

Diese Prioritätensetzung im kulturellen Bereich hat sich auch unter Rot-Grün kaum geändert. Nur 2,5 % der Kulturförderung der Stadt Wien kommen der freien und autonomen Kunst- und Kulturszene zu Gute. Somit wundert es nicht, dass vor allem Diskussionen um Förderungen und Finanzen die Veranstaltung prägten. „Dies ist ein deutliches Zeichen für die prekären Arbeitsbedingungen, mit denen Kulturarbeiter_innen tagtäglich konfrontiert sind“, so Elke Rauth.


Kritisiert wurde vor allem eine bürokratisch aufwendige Mikroförderung, viele Projekte entscheiden sich gegen den Aufwand für einige, wenige hundert Euro und suchen gar nicht mehr an. „Eine sinnvolle Förderung kleinerer Projekte wird auch dadurch erschwert, dass es kaum feste Ansprechpartner_innen von Seiten
der Stadt gibt. Die Zugänglichkeit muss verbessert werden“, unterstützt Helga Köcher. Dies verweist für die Kulturarbeiter_innen auf die Abgeschlossenheit der städtischen Politik. Eine einfachere Zugänglichkeit und mehr Transparenz sind nötig. Vor allem wird aber auch eine strukturelle Einbindung verlangt. Ist zwar im Regierungsprogramm davon die Rede, dass ein lebhaftes kulturelles Leben
Freiräume, Auseinandersetzung und kreative Konfrontation braucht, so fehlt jedoch gerade diese Offenheit für neue Ideen. Raum zum kreativen Experimentieren ohne Verwertungszwang ist kaum mehr vorhanden. Hier hängt die derzeitige Kulturpolitik stark hinter ihren eigenen Ansprüchen zurück.


Dies wird auch in dem Feld einer angestrebten stärkeren Förderung von (post-) migrantischer Kulturarbeit deutlich. Wirkliche Veränderungen sind noch nicht spürbar. „Das Instrument des Migrant Mainstreaming ist bisher politisch kaum verankert“, konstatiert Alex Nikolic. Und Stefan Niederwieser ergänzt: „Rote Kulturpolitik kennen wir schon, wo ist der grüne Anteil?“.


Ausblick

In einer weiteren Kultur? Veranstaltung im Frühjahr sollen diese Erfahrungen und Kritikpunkte direkt an die verantwortlichen Politiker_innen zurückgespielt werden.
Damit wird ein intensiver Diskussions- und Austauschprozess in Gang gesetzt und Kulturpolitik aus ihrem politischen Nischendasein geholt. Denn dies ist auch das Ziel der IG Kultur Wien und des Formats Kultur?: Über Kultur gilt es kontrovers und produktiv zu diskutieren!


Auf dem Podium:
Moderation: Elke Rauth (Derive)
Alexander Nikolic (BOEM*)
Helga Köcher (eop)
Claudia Totschnig (Amerlinghaus)
Stefan Niederwieser (The Gap)


Mittschnitt unter:
http://ichmachpolitik.at/questions/1871


Studie Kultur und Geld