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Offener Brief:
Kulturstadt Wien retten!


Sehr geehrter Herr Bürgermeister Dr. Michael Ludwig,
sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin und Stadträtin Mag.a Bettina Emmerling, MSc,
sehr geehrte Frau Stadträtin Mag.a Veronica Kaup-Hasler,
sehr geehrte Frau Stadträtin Barbara Novak, MA,


drohende Kürzungen des Fördervolumens für Kunst und Kultur sowie die bereits beschlossene Halbierung der Arbeitsstipendien gefährden u. a. 

  • die Vielfalt und Infrastruktur der Wiener Kulturlandschaft,
  • die zeitgenössische Kunst und Kulturarbeit,
  • den Fortbestand von schon bisher unterfinanzierten Kulturvereinen,
  • Arbeitsplätze, faire Entlohnung und die soziale Absicherung von Künstler:innen und Kulturarbeiter:innen,

und somit in Zeiten der Krisen wichtige Strukturen für unser demokratisches Miteinander. Gerade jetzt kommt Kunst und Kultur eine zentrale gesellschaftliche Bedeutung zu, da sie „zentrale Elemente eines guten Lebens – Orte der Begegnung, der Reflexion und der Inspiration“ sind und Kulturinitiativen „einen wichtigen Beitrag für den sozialen Zusammenhalt generieren“, wie in der Regierungserklärung „Aufschwungskoalition für Wien“ von SPÖ und NEOS richtig erkannt wird.

Kürzungen bei Förderungen für Kunst und Kultur treffen insbesondere die freie Szene. Projekte und Veranstaltungen, die die Vielfalt des kulturellen Lebens ausmachen, müssen abgesagt, Mitarbeiter:innen von Kulturvereinen gekündigt und Kultureinrichtungen geschlossen werden, Künstler:innen können nicht mehr engagiert werden. Was weg ist, ist weg. Jahrelanges Engagement und Wissen zum Aufbau von Strukturen werden zunichtegemacht. Wer gekündigt ist und sich um neue Jobs bemühen muss, steht nicht mehr für Kulturarbeit zur Verfügung.

Die Versprechungen im Stadtregierungsprogramm der „Aufschwungskoalition“ zu fairer Bezahlung sowie fairen, verlässlichen und zukunftsorientierten Arbeitsbedingungen für Künstler:innen und Kulturarbeiter:innen werden unerfüllbar. Gleichzeitig veröffentlicht die EU im November 2025 mit dem „Culture Compass“ ein Grundlagendokument, das Kunst und Kultur als wesentliches Element des demokratischen Miteinanders definiert und explizit faire Arbeitsbedingungen für Künstler:innen einfordert. 

Wien definiert sich wesentlich über sein großes Angebot an Kunst und Kultur, es ist das zentrale Argument für Wirtschaft und Tourismus. Bei Kunst und Kultur zu sparen, bedeutet, bei der Strahlkraft der Stadt zu sparen. Eine Tourismusabgabe für Kunst und Kultur durch Erhöhung der „Ortstaxe“ ab Sommer 2026 kann eine Entspannung des Kulturbudgets 2027 ermöglichen. Dies kommt allerdings zu spät, wenn bereits im Jahr 2026 Kultureinrichtungen kaputtgespart werden. Wir fordern, diese Einnahmen für die freie Szene zu verwenden, da diese rechtlich auf keine Fördersicherheit vertrauen kann und die Künstler:innen und Kulturarbeiter:innen keine Absicherungen etwa über Kollektivverträge haben. 

Darüber hinaus wurden in den letzten Jahren viel zu wenig Investitionen in die freie Szene getätigt. Es fehlt an frei zugänglichen Arbeits- und Probenräumen, die die jeweiligen Förderbudgets entlasten (ein unverhältnismäßig großer Anteil an Fördergelder geht in Miet- und Ausstattungskosten für Ateliers, Probe- und Aufführungsräume). Die Qualität der Szene steigert sich mit kontinuierlichen und niederschwellig zugänglichen Arbeitsmöglichkeiten, die in Wien leider nicht ausreichend vorhanden sind. 

Kultureinrichtungen, die nicht durch die Kulturabteilung der Stadt Wien (MA 7), sondern durch die Abteilung Bildung und Jugend (MA 13) gefördert werden, drohen nun ebenfalls Kürzungen und Streichungen, mit denselben Konsequenzen: Einschränkungen oder Einstellung der Tätigkeiten, Verlust der Vielfalt des Angebots, Kündigungen.

Sparmaßnahmen dürfen nicht auf Kosten von freier Kunst und Kultur sowie sozialer Sicherheit gehen.

Wir fordern daher:

  • eine Erhöhung statt Reduzierung des Kunst- und Kulturbudgets, angepasst an die steigenden Pro-Kopf-Zahlen der Einwohner:innen,
  • eine finanzielle Absicherung der freien Szene und entsprechende rechtliche Grundlagen,
  • damit auch die Verankerung sowie eine ausreichende Finanzierung von Fair Pay, 
  • ein Kunst- und Kulturförderungsgesetz,
  • eine Tourismusabgabe mit zweckgebundenen Einnahmen für die freie Kunst- und Kulturszene, denn Kunst und Kultur sind ein relevanter Wirtschaftsfaktor und wesentlich für den stetig wachsenden Tourismus in Wien,
  • ein Investitionsprogramm und einen Investitionsplan, die für eine kontinuierliche und professionelle Entwicklung der Wiener Proberäume, Ateliers, Kinos und Veranstaltungsstätten sorgen (vergleichbar mit dem Wiener Sportstättenentwicklungsplan),
  • Räume und Arbeits-/Aufführungsmöglichkeiten, die von der Stadt Wien unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden (seit langem sind ein Haus für Neue Musik und ein Arbeits- und Probenhaus für die freie darstellende Szene gefordert). Es braucht Strukturen, die die Szene unabhängiger von Fördergeldern machen und ein kontinuierliches Arbeiten ermöglichen. 
  • Abbau von Hürden für Kunst- und Kulturförderungen, indem die sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen von Fördernehmer:innen berücksichtigt werden,
  • Förderungen für Projekte, die demokratiestärkend, inklusiv und partizipativ wirken, insbesondere queer-feministische und post-migrantische Initiativen sowie Projekte, die Personen mit diversen Einschränkungen Zugang zu Kunst und Kultur bieten.

      
Darüber hinaus bleiben für uns auch alle anderen Forderungen aufrecht, die im „4-Themen-Programm der Interessengemeinschaften für Kunst und Kultur“ im April 2025 gestellt wurden.


Wien, 24.11.2025

Berufsvereinigungen der bildenden Künstler Österreichs, Zentralverband
Forum Literaturübersetzen Österreich
Forum Österreichischer Filmfestivals
IG Autorinnen Autoren
IG Bildende Kunst
IG Freie Theaterarbeit
IG Kultur Wien
Kulturrat Österreich
Österreichischer Musikrat
 

 

Offener Brief:

Kulturstadt Wien retten

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Michael Ludwig,
sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin Bettina Emmerling,
sehr geehrte Frau Stadträtin Veronica Kaup-Hasler,
sehr geehrte Frau Stadträtin Barbara Novak,


Die geplanten Kürzungen bei der Förderung von Kunst und Kultur – besonders die Halbierung der Arbeitsstipendien – haben schwere Folgen. Sie gefährden:

  • die Vielfalt der Wiener Kulturlandschaft,
  • die Arbeit von Künstlerinnen, Künstlern und Kulturvereinen,
  • faire Bezahlung und soziale Sicherheit,
  • und damit wichtige Grundlagen für unser demokratisches Zusammenleben.

Gerade in Krisenzeiten sind Kunst und Kultur wichtig. Sie schaffen Orte, an denen Menschen sich treffen, nachdenken und neue Ideen finden können. Auch die Regierung hat in ihrer Erklärung „Aufschwungskoalition für Wien“ erkannt, dass Kultur für den sozialen Zusammenhalt in unserer Stadt zentral ist.

Kürzungen treffen vor allem die freie Kulturszene. Viele Projekte könnten nicht mehr stattfinden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden ihre Arbeit verlieren, und Kulturstätten müssten schließen. Wenn engagierte Menschen ihre Arbeit verlieren, geht wichtiges Wissen verloren – und sie stehen für die Kulturarbeit nicht mehr zur Verfügung.

Die Ziele der Stadtregierung – faire Löhne und sichere Arbeitsbedingungen für Künstlerinnen und Künstler – können dann nicht mehr erreicht werden. Gleichzeitig fordert auch die EU in ihrem neuen Papier „Culture Compass“, dass Kunst und Kultur für Demokratie unverzichtbar sind und faire Bedingungen brauchen.

Wien ist weltweit bekannt für Kunst und Kultur. Wenn hier gespart wird, verliert die Stadt an Anziehungskraft – auch für Tourismus und Wirtschaft. Eine erhöhte Tourismusabgabe ab 2026 könnte helfen, aber das Geld käme zu spät, wenn 2026 bereits viele Einrichtungen schließen müssen. Dieses Geld sollte gezielt der freien Szene zugutekommen, weil diese keine festen Förderzusagen oder sicheren Arbeitsverträge hat.

Außerdem wurde in den letzten Jahren zu wenig in die freie Szene investiert. Es fehlen bezahlbare Arbeitsräume, Ateliers und Bühnen. Viele Fördermittel müssen für Miete ausgegeben werden, statt für die eigentliche künstlerische Arbeit. Die Stadt braucht mehr kostenlose oder günstige Räume, damit sich Kunst und Kultur frei entwickeln können.

Auch Kulturprojekte, die von der Bildungsabteilung (MA 13) statt aus der Kulturabteilung (MA 7) gefördert werden, sind von Kürzungen bedroht – mit denselben Folgen: weniger Vielfalt, Projekte werden gestrichen, Menschen verlieren ihre Jobs.

Sparen darf nicht auf Kosten der Kunst, Kultur und sozialen Sicherheit gehen.

Wir fordern deshalb:

  • eine Erhöhung statt Kürzung des Kulturbudgets, angepasst an die steigende Bevölkerungszahl,
  • finanzielle Sicherheit und rechtliche Grundlagen für die freie Szene,
  • faire Bezahlung für Künstlerinnen und Künstler,
  • ein Gesetz für Kunst- und Kulturförderung,
  • eine zweckgebundene Tourismusabgabe für freie Kunst und Kultur,
  • ein Investitionsprogramm für Proberäume, Ateliers, Kinos und Veranstaltungsorte,
  • kostenlose städtische Räume für Proben und Aufführungen,
  • weniger bürokratische Hürden bei Förderungen, besonders für Menschen mit schwierigen Lebensbedingungen,
  • Unterstützung für Projekte, die Demokratie stärken, Vielfalt fördern und allen Menschen Zugang zu Kunst ermöglichen – etwa queer-feministische oder post-migrantische Initiativen.

Außerdem bleiben alle Forderungen aus dem „4-Themen-Programm der Interessengemeinschaften für Kunst und Kultur“ vom April 2025 bestehen.

Dieser Brief wurde am 24.11.2025 verschickt.

Unterzeichnet haben:

Berufsvereinigungen der bildenden Künstler Österreichs, Zentralverband
Forum Literaturübersetzen Österreich
Forum Österreichischer Filmfestivals
IG Autorinnen Autoren
IG Bildende Kunst
IG Freie Theaterarbeit
IG Kultur Wien
Kulturrat Österreich
Österreichischer Musikrat